Der Bundestag debattierte am Mittwoch (22. April 2020) unter anderem über die Anträge „Maßnahmen zur Rettung der kulturellen Infrastruktur in der Corona-Krise (19/18715) und „Corona-Hilfen an die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kulturschaffenden anpassen“ (19/18692).
Oliver Golumbiewski, Sprecher der „Initiative Kulturschaffender in Deutschland“ erklärte am Mittwochabend dazu:
„Wir freuen uns, dass unsere Anliegen Gehör gefunden haben und die massiven und akuten Probleme der Kulturschaffenden in der politischen Debatte angekommen sind. Insbesondere die Tatsache, dass es aktuell einen föderalen Flickenteppich aus vielen länderspezifischen Lösungen anstelle eines bundeseinheitlichen Vorgehens der Politik gibt, kritisieren wir bereits seit Gründung unserer Initiative.
Ministerpräsident Söder kündigte heute eine Umstellung des Soforthilfeprogrammes für Künstler an.
Die rund 30.000 Künstler in Bayern, die in der Künstlersozialkasse organisiert sind, sollen kurzfristig Soforthilfen in Höhe von 1.000,00 Euro pro Monat bekommen.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie bestimmen seit mehr als fünf Wochen Alltag und Diskurs auf allen Ebenen unserer Gesellschaft. Für einen Großteil der Künstler*innen, Freiberufler*innen, Soloselbständigen und Unternehmer*innen in der Kultur-, Kreativ- und Unterhaltungsbranche in ganz Deutschland ergibt sich aktuell eine immer dramatischere und existenzbedrohendere Situation. Die Bundes- und Landesregierungen reagieren mit Soforthilfemaßnahmen, die gerade für diese Zielgruppe kaum greifen und in der Realität den Großteil der Kunst- und Kulturschaffenden ausschließen.
Mit einem umfangreichen Offenen Brief wendet sich nun die „Initiative Kulturschaffender in Deutschland“ an alle politischen Vertreter*innen auf Bundes- und Länderebene. „Mit einem faktenreichen Positionspapier stellen wir die aktuelle Lage detailliert dar und zeigen gleichsam auf, wie Abhilfe geschaffen und der Fortbestand der Veranstaltungs-, Kultur- und Kreativbranche bundesweit gesichert werden kann“, informiert Jana Riediger, eine der Sprecherinnen der Initiative.
Die Mittel des Kulturprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen, die fünf Millionen Euro umfassten, sind bereits seit dem 09.04.2020 erschöpft. Laut Pressemeldungen (vgl. untenstehend tag24) wurden von den 17.000 eingegangenen Anträgen lediglich 6.300 bearbeitet und nur 3.000 bewilligt. Das bedeutet, dass der größte Teil der Antragsteller leer aus ging und sich mit einer unbegründeten Absage nebst der Bitte, von Nachfragen abzusehen, zufriedengeben muss. Für Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hat das Sonderförderprogramm seinen Zweck offenbar trotzdem “voll erfüllt”, wie sie am 09.04.2020 auf der Homepage des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft verlauten ließ (vgl. untenstehend mkw.nrw).
Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, 09.04.2020: Kultur: Mittel der Corona-Soforthilfe in Höhe von fünf Millionen Euro vollständig ausgezahlt. (https://www.mkw.nrw/node/16, zuletzt besucht 16.04.2020)
die Entwicklungen überschlagen sich. Gingen wir alle – Künstler*innen und Kulturakteur*innen – bisher von einem überschaubaren kleinen Zeitraum von wenigen Wochen aus, so sind es nun viele Monate, in denen unsere Arbeit nicht möglich sein wird. Der unweigerliche soziale Abstieg eines ganzen Berufszweiges steht bevor. Diese Thematik in den allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Fokus zu rücken, ist nun unser vorrangiges Ziel und wird inzwischen von einigen tausend Unterzeichner*innen aktiv unterstützt.
Wir haben in den vergangenen Tagen unsere Organisationstrukturen breiter aufgestellt und bereiten aktuell eine Kurzform unseres Positionspapiers und unserer Forderungen sowie Anschreiben an die Landes- und Bundespolitik vor. Dies alles sowie eine bundesweite Pressemitteilung wird am 20. April 2020 versandt werden.
Bitte verbreitet den Link zum Mitzeichnen per E-Mail, Facebook, WhatsApp & co. weiter:
Viele Unterschriften verleihen unseren Forderungen ein größeres Gewicht. Und: es ist schön, dass wir in unseren diversen WhatsApp-Gruppen mittlerweile mehrere tausend Menschen vernetzt haben. Um besser als bisher eine breite Öffentlichkeit zu erreichen ist jedoch eine zusätzliche Facebook-Seite optimaler. Auch diese gibt es ab sofort, folgt unserer Seite („gefällt mir“) und ladet Freunde ein:
In Baden-Württemberg wurde am 09.04.2020 erneut bestätigt, dass die Soforthilfe des Landes auch zur Deckung des Lebensunterhalts von Solo-Selbstständigen verwendet werden dürfe. Es heißt, dass 1.180,00 Euro als Unternehmerlohn bei der Soforthilfe angerechnet werden können.
UPDATE 15.04.20: Am 15.04.2020 veröffentlichte die Landesregierung in Baden-Württemberg zusätzlich noch einmal dieses versichernde und eindeutige Video als Botschaft zur Klarstellung – und mit sehr eindeutigen Worten auch in Richtung der anderen Bundesländer und der Bundesregierung:
Die 400,00 Euro / Monat Soforthilfe des Landes, die ursprünglich für zwei Monate angedacht waren, sind mittlerweile auf einen Monat begrenzt. Laut den Seiten des Landesverwaltungsamtes wird „den Künstlerinnen und Künstlern ein nicht rückzahlbarer Zuschuss in Höhe von 400 Euro pro Person und Monat zunächst für einen Zeitraum von bis zu zwei Monaten“ gewährt.1
In dem Erlass der Staatskanzlei vom 02.04.2020 wird jedoch auf einen einmaligen Zuschuss bewilligt für einen Monat verwiesen.2
Dieser Erlass tritt rückwirkend zum 11.03.2020 in Kraft.3
Bezüglich der FAQs der IBB zur Soforthilfe des Landes Berlin existiert mittlerweile ein sehr aufschlussreicher Link, der die FAQs zu verschiedenen Tagen und somit auch deren Veränderungen anzeigt. Wer sich noch Screenshots sichern möchte, bitte hier entlang:
In der Pressekonferenz des Senats verlautete Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke): „Beim Bund kann ich eigentlich nur das geltend machen, was ich an betriebsbedingten Ausgaben habe. Also wenn ich beispielsweise als Solo-Selbstständiger Betriebsmittel, Räume und dergleichen brauche. Das Programm, was wir gefahren haben und von dem – nach den Rückmeldungen, die ich habe – wirklich auch ein ganz, ganz großer Teil der Bedürftigen erreicht worden ist, war explizit auch dazu gedacht, Lebenshaltungskosten geltend zu machen. Das ist die Differenz zwischen beiden Programmen.”
Hiermit liegt erneut die Versicherung vor, dass die Landessoforthilfe Berlins zum Antragszeitpunkt für Lebensunterhalt gedacht war. Leider wird damit die Unsicherheit, ob sie das auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ist, nicht geklärt.
Die freien Künstler*innen und Solo-Selbstständigen befinden sich aufgrund der Corona-Pandemie in einer dramatischen und existenzbedrohenden Situation. In den letzten Wochen haben sich viele lokale und regionale Netzwerke zusammengefunden, die bisher jedoch nicht ausreichend Gehör finden konnten. Versprochene Soforthilfen der Bundes- und Landesregierungen schlossen und schließen in der Realität den Großteil der Kulturschaffenden aus.
Am 7. April 2020 haben sich mehrere hundert Künstler*innen, Veranstalter*innen, Agenten*innen, Veranstaltungstechniker*innen, Schauspieler*innen, Eventversorger*innen, Kunsthandwerker*innen, Musiklehrer*innen, Synchronsprecher*innen, Fotograf*innen und Freischaffende anderer Sparten aus allen Bundesländern zur bundesweiten “Initiative Kulturschaffender in Deutschland” zusammengeschlossen. Gemeinsam soll eine starke, bundesweite, nicht zu überhörende Lobby entstehen, die dafür sorgt, dass Solo-Selbstständigen und freien Kulturschaffenden ein Programm zur Soforthilfe zur Verfügung gestellt wird, das unabhängig von der Grundsicherung funktioniert und einen monatlichen Bedarf zur Lebenshaltung berücksichtigt.